CHAPEL OF DISEASE - Echoes Of Light

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VÖ: 09.02.2024
Bandinfo: CHAPEL OF DISEASE
Genre: Death Metal
Label: Van Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

CHAPEL OF DISEASEs Drittwerk "...And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye" ist das erste Album, das ich (damals noch als frisch zugestiegener Sturmbringer) mit der begehrten Höchstnote adeln durfte. Zugleich ist es bis heute diese eine Platte, die ich auch fünf Jahre und sieben Fünfen später noch ohne eine Sekunde nachzudenken als meine "fünfigste Fünf bis dato" bezeichne. Die nie zuvor dagewesene Stilmixtur, der völlig scheuklappenlose Experimentiergeist, die in jeder Note gemeisterte Kontinuität trotz nebeneinander existierender Extreme, der unvergleichliche Spirit…ein Album, das kaum mehr erreicht werden kann, es sei denn, womöglich durch seinen eigenen Nachfolger?

Hinaus aus dem Winterschlaf…hinein ins Licht!

Eben dieser steht nun mit "Echoes Of Light" am Startblock bereit, um in die Massen wartender Fans einzutauchen. Album Nummer vier einer Band, die heute nur noch aus Sänger und Gitarrist Laurent T. besteht. Ein Dreher, auf dem neben T. noch einmal die Gründungsmitglieder Cedric T. und David D. zu hören sind und mit dem wahrscheinlich niemand mehr so richtig gerechnet hat, nachdem es zuweilen grabesstill um die Band wurde. Und nicht zuletzt eine Scheibe, bei der man schon nach anderthalb Noten schon weiß, was wie Uhr geschlagen hat, wenn der mystische Klangzauber der lässigen Retro-Rock-Leads die Gehörgänge umgarnt.

Im Grunde macht "Echoes Of Light" genau dort weiter, wo sein formidabler Vorgänger aufgehört hat und geht sogar noch einen (im Grunde genommen logischen) Schritt weiter. Die Evolution des Klangs erfolgt hierbei derart, dass die Elemente des extremen Metal weiter zurückgeschraubt werden, bis sie mit Ausnahme des blutrünstigen Gesangs und der bissigen Gitarren (die aber eher nach altgedientem Heavy Metal denn Death oder Black Metal klingen) nahezu verschwinden. Blast-Attacken sucht man hier vergebens, ebenso Passagen ungestümer Raserei. Weiter gepflegt und ausgebaut wird die auf Album Nummer drei dominant gewordene Classic-Rock-Schiene, die auch hier wieder mit einer Reihe exzellenter Gitarrenhooks und -soli brilliert ("Echoes Of Light", "Selenophile").

Die psychedelische Wolke des unlängst zum Markenzeichen kultivierten Sounds entführt den Hörer in ein Labyrinth aus Licht und Schatten und lässt auf seiner Reise alles umher vergessen. In "Shallow Nights", in dem wie im 2018er Song "1.000 Different Paths" Klargesang zum Einsatz kommt, geht der Trend so weit, dass man die Nummer im Grunde als lupenreinen Classic- bzw. Psych-Rocker bezeichnen könnte. Auch "Gold / Dust" bedient sich dieser Elemente und lässt den extremen Metal mehr oder weniger hinter sich. Abgerundet wird das Ganze von der abermals großartigen, natürlichen Produktion und den kryptischen Texten, die fortwährend das Motiv von Licht und Schatten aufgreifen, ohne dabei ans Tageslicht zu lassen, was sich eigentlich im Zentrum des Zwielichts verbirgt.

Wunderbar, mach's nochmal?

Klar dürfte nach diesen Zeilen sein, dass "Echoes Of Light" ebenfalls ein phantastisches Album geworden ist, doch wie sieht das finale Votum im Kontext des übermächtigen Vorgängers und des unvermeidlichen Vergleichs aus? Wie so oft kommt es bei dieser Frage auf die kleinen Details und Stellschrauben an – und was das anbelangt, bleibt das unvergleichbare "...And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye" mit einer Nasenlänge vorn. Der unnachahmlich vertonte Spirit dieses Meilenstein-Albums, das in allen Disziplinen – von den Hooks über die Balance zwischen den Extremen bis hin zum bissigen Sound – das Maximum herausgenommen hat, ist wahrlich schwer zu erreichen. Deshalb plagt mich auch allenfalls ein kleines Gewissen, wenn ich für das immer noch phänomenale Viertwerk "lediglich" 4,5 Punkte locker mache, die für manch andere Releases unerreichbar scheinen. Denn 90% der erreichbaren Punkte und die Summe der Superlative im Schrifttum sprechen für sich.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (12.02.2024)

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