02.06. - 04.06.2017, Amphitheater Gelsenkirchen, Gelsenkirchen

ROCK HARD FESTIVAL 2017

Text: inhonorus | Fotos: inhonorus
Veröffentlicht am 20.06.2017

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Wie jedes Jahr über Pfingsten, fand auch im diesen Jahr eine neue Auflage des etablierten Rock Hard Festivals im Gelsenkirchener Amphitheater statt. Zwar konnte die 19. Auflage des Festivals in puncto Line-Up nicht so überzeugen wie im Jahr davor (hier gehts zum Rock Hard 2016 Livereport), als sich Größen wie CANNIBAL CORPSE, BLIND GUARDIAN, METAL CHURCH, MOONSPELL, GRAND MAGUS, KADAVAR und drei der Teutonic Four (TANKARD, DESTRUCTION, SODOM) die Ehre gaben, doch Kapellen wie CANDLEMASS, BLUES PILES, BEHEMOTH, EXODUS und OPETH lockten einige tausend Metalheads nach Gelsenkirchen. Das Rock Hard Festival ist mittlerweile DAS Festival im Ruhrpott und hat sich mindestens genauso etabliert wie die unzähligen Zechenfördertürme die man stadtein, stadtaus bestaunen kann.

 

Freitag, 1.Tag:

Eine Woche vorher war das Wetter bombig. Sonne. Scheißtreibende Temperatur. (Anm. d. Lekt.: Diesem freud'schen Verschreiber gehen wir besser nicht auf den Grund...) Laue Sommernachtsabende. An diesem Wochenende hatte es der Wettergott jedoch nicht allzu gut gemeint mit der schwarzen Meute. Wechselhaft war es und der ein oder andere Schauer sorgte für Erfrischung, doch das hält bekanntlich einen echten Metaler nicht auf, und so war bereits am Freitag einiges los im Amphitheater.

Den Startschuss zu der diesjährigen hard rockenden Sause gaben die deutschen Thrash-Metaler DUST BOLT. Zwar ist es bekanntlich nie besonders schön der Opening Act bei einem Festival zu sein, wenn man dann auch noch die Ehre hat als Opening Act eines ganzes Festivals zu starten und um solch eine undankbare Zeit wie Freitag gegen 15 Uhr (wo viele noch auf der Arbeit oder gerade aufm Weg zum Musikevent sind), kann das schon sehr aufs Gemüt drücken, doch davon ließen sich die jungen Thrasher nicht beeindrucken. Mit im 2016er, noch mehr oder weniger "neuen" Album, „Mass Confusion“ im Nacken legten sie eine astreine Show aufs Parkett. Und trotz der relativ frühen Stunde war es vor der Bühne mehr als voll. Die Metalheads die es geschafft hatten so früh im Amphitheater aufzuschlagen, bekamen von den jungen Wilden mit „Toxic Attack“, „Agent Thrash“, „Mind the Gap“ und „Violent Abolition“ richtig eins auf die Zwölf gebraten. DUST BOLT legten eine sehr energetische Show hin und eröffneten grandios das Rock Hard Festival 2017.

Mit den Doom-Metal-Punk-Senkrechtstartern MANTAR marschierte man mit großen Schritten auf den Doppel-Headliner CANDLEMASS/BLUES PILLS zu. Das Hamburger Duo fand ein proppenvolles Amphitheater vor. Die Crowd war dank DUST BOLT und ROBERT PEHRSSON´S HUMBUCKERS bestens eingestimmt und fraß den Jungs sprichwörtlich aus der Hand. Zwar war der Auftritt von MANTAR nicht ganz so energisch wie der von DUST BOLT, doch konnte vollends überzeugen. Was der Zweier (Jaa, richtig gelsen MANTAR besteht nur aus zwei Musikern!) für eine Wand erzeugt ist mehr als beeindruckend. Das haben auch die Labelriesen Nuclear Blast frühzeitig erkannt, bei denen man sein 2016er-Zweitling „Ode tot he Flame“ unterbringen konnte. Mit ihrer sehr gewagten Mischung aus zähem, langsamem Doom-Metal und flotten Punk gossen MANTAR sprichwörtlich noch Öl ins ohnehin schon mehr als lodernde Publikumsfeuer.

Die Grandfather des Epic-Doom standen aufm Zettel und für viele waren sie der eigentliche Headliner. Ganz so sieht es auch der Rezensent, der zwar um die Qualitäten einer Kombo wie den BLUES PILLS weiß, gerade aber was den Kultstatus und den Einfluss auf die Metalwelt angeht, doch CANDLEMASS mehr den Vorzug gegeben hätte. So sei es wie es ist.

CANDLEMASS mit Mats Leven am Gesang sind zwar nicht die unsterblichen CANDLEMASS mit einem Messiah Marcolin oder die CANDLEMASS mit einem Robert Lowe, doch mehr als anziehend sind die Schweden noch heute. Und rein musikalisch macht den Schweden so schnell keiner den Doom vor.

So überrascht die mächtige, zähe wie stampfende Soundwand vor der Bühne auch wenig. Gekonnt ziehen die Schweden mit ihren mehr als einstündigen Auftritt über die Köpfe der Zuschauer hinweg und legen einen tonnenschweren Sound auf die Schulter der Metalheads. Großtaten wie „Bewitched“, „A Cry from the Crypt“, „Under the Oak“, „At the Gallows End“ und die Bandnummer schlechthin „Solitude“ sind ebenso selbstverständlich wie „Gothic Stone“, „Mirror Mirror“ und der „Marche Funebre“.

Das Hauptaugenmerk der Setlist lag auf den ersten vier Kultalben, was gerade dem geneigten Doom-Fan sehr gefallen haben durfte. Die Umsetzung und der Sound waren wie gesagt großartig und so zeigten sich CANDLEMASS anno 2017 von einer schier umwerfenden Stärke.

Für den Headliner des Tages ist es nach 2014 auch bereits der zweite Auftritt auf dem Rock Hard. Was die BLUES PILLS in den letzten Jahren mit ihrem Retro- und Blues Rock mit Soul-ähnlichem Gesang für einen Senkrechtstart hatten, ist immer noch kaum vorstellbar. An allen Ecken und Enden wird Sängerin Elin Larsson mit Janis Joplin verglichen. Ähnlichkeiten zu TEN YEARS AFTER und GRAVEYARD liegen genauso schnell auf der Hand, wie viele andere Vergeleiche mit 60er/70er-Kultbands.

Auch an diesen Abend legten die Schweden mit ihren Psychedelic-Bühnenbild, dem Sound und der umwerfend kräftigen und facettenreichen Stimme von Elin Larsson einen weiteren umwerfenden Auftritt hin.

Die Setlist, die lückenlos die gesamte Diskografie der Schweden umfasste, fasste mit „Lady in Gold“, „Black Smoke“, „Little Sun“, „Astralplane“, „High Class Woman“, „Devil Man“ und „Ain´t No Change“ mehr oder weniger eine Best-Of der Schweden zusammen. Als kleines, besonderes Schmankerl ist auf die JEFFERSON AIRPLANE-Cover-Version von „Somebody To Love“ einzugehen, die der Combo mehr als gut aus den Händen rutschte und gerade der Sängerin hervorragend zu Gesicht stand.

 

Samstag, 2.Tag:

Nachdem sehr frühen Auftritt von MONUMENT am frühen Samstagmittag ging es mit den Kölner Black/Thrashern KETZER vielversprechend in die nächste Fesitvalrunde. Wobei gerade der Auftritt von KETZER doch genauso erwartungsvoll, wie mit Sorge betrachtet wurde. Viel mehr als bei jeder anderen Band. Die ersten zwei Alben der Band „Satan´s Boundaries Unchained“ und „Endzeit Metropolis“ sind wahre Black/Thrash-Blaupausen und brachten eine Menge Fans ins Haus. Doch gerade das aktuelle „Starless“ hat wohl mehr Fans abgeschreckt und vergrault als man sich eingestehen würde. Wie sollte also der heutige Auftritt werden? Gab's was auf die Rübe, oder wurde gekunstwerkt? Nach dem Auftritt war man bekanntlich schlauer. Eine Mischung sollte es sein. Eine Mischung die jedoch zu "Starless"-lastig ausgefallen ist. Mit „Satan´s Boundaries Unchained“ ging es vielversprechend in die Setlist, doch das darauffolgende „Starless“ und „When Milk Runs Dry“ schädigten eher die anfänglich entfesselte Stimmung. Zum Ende hin gab es nochmal zwei Auf-Die-Rübe-Songs, doch ganz makellos war der Auftritt nicht. Vor "Starless"-Zeiten konnte man KETZER deutlich aggressiver und mitreißender zu Gesicht bekommen. Mal schauen ob man sich in nächster Zeit auf alte Tugenden besinnt, oder ob die viel zu frühe Talfahrt der einsten Black/Thrash-Hoffnung weiter anhält.

Mit dem holländischen Death-Urgestein ASPYHX hielt dann der erste wahre Nackenbrecher des Festivals einzug. Gekonnt schredderten sich ASPYHX gewohnt brutal durch die Setlist. Martin van Drunen und seine Haudegen waren bestens gelaunt und so entfachten sie bei den ein oder anderen Metalhead die reinsten Nackenschmerzen. Ja, am nächsten Tag sollte man merken dass das Duo ASPHYX/EXODUS über einen hinweg geballert war...

Songs wie „Division Brandenburg“, „Death the Brutal Way“, „Deathhammer“, „Wardroid“ oder aber auch Kultnummern wie „MS Bismarck“, „The Last One on Earth“ und „The Rack“ überzeugten vollends. Um es in den passenden Worten von Herrn van Drunen zu sagen, als er „The Rack“ ankündigte: „Wer diesen Song nicht kennt, sollte nach hinten gehen und Bier saufen und Pommes fressen“. Ein sehr gelungener Auftritt mit viel Bewegung im Zuschauerraum.

Auch die Jungs von EXODUS hatten einen großartigen Tag und das hörte und fühlte man. Es gab schon den ein oder anderen EXODUS-Auftritt der nicht zünden wollte, weil die Band mehr ihrer Pflicht nachging statt Spaß zu haben, doch wenn EXODUS gut gelaut ans Werk gehen, sind sie eine wahre Wucht. So am heutigen Samstag. Crowdsurfer. Moshpit. Alles was das Thrasher-Herz begehrt wurde entfesselt. Songs wie „Bonded by Blood“, „Blood In, Blood Out“, „Pleasures of the Flesh“, das mehr als großartige „Fabulous Disaster“ und der Must-On-The-Setlist-Track „Toxic Waltz“ ließen nichts anbrennen.

Ein mehr als aufgeheiztes Publikum freute sich auf den Auftritt der dänischen Hard Rocker D-A-D, obwohl die Mehrheit des Publikums schon mit den Ohren bei BEHEMOTH (dem Headliner des Tages) war. D-A-D hatten einst ihren größten Auftritt auf dem Lausitz Ring vor mehr als 120.000 Zuschauern als Vorband der BÖHSEN ONKELZ bei deren Abschiedskonzert und nun mussten 7000 Paar Ohren reichen. Und die reichten.

Das Bühnenbild bestand aus einer riesengroßen blauen Couch, hier und dort schoss Feuerwerk aus Gitarren und Helmen der Musiker, also vom Unterhaltungswert einer der gelungensten Auftritte des gesamten Festivals. Rein musikalisch gesehen, lieferten D-A-D das ab was erwartet wurde und überzeugten. Songs wie „Girl Nation“, „Bad Craziness“, „Riskin It All“ und die Übernummer der Dänen „Sleeping My Day Away“ ließen keinen Fuß still stehen.

BEHEMOTH, für viele die sehenswerteste Band des Tages, legten nochmal eine ordentliche Schüppe drauf und beendeten den zweiten Festivaltag gekonnt.

 

Sonntag, 3.Tag:

Der letzte Festival-Tag fing ähnlich wie der Tag zuvor an. Große Underground-Namen wie die Überstarter NIGHT DEMON und die Okkult-Götter BLOOD CEREMONY hatten viel zu frühe Auftritte und wären am Nachmittag sehr viel besser zur Geltung gekommen. Jedenfalls verschliefen viele nach der BEHEMOTH-Sause am Vorabend verständlicherweise die ersten Bands. So richtig voll wurde das Amphitheater am dritten Tag erst bei ROSS THE BOSS.

ROSS THE BOSS, einst Gründungsgittarist bei MANOWAR, legte mit seinen Classic-MANOWAR-Set eine mitreißende Show hin. Mit dem Opener „Blood oft he Kings“ stimmten die Amis das Publikum auf eine volle Stunde hymnenhaften True-Metal ein. Und wieder einmal wurde geneigten Metalhead gezeigt wie MANOWAR Anno 2017 klingen könnten. Unsterbliche Nummern wie „Blood Of My Enemies“, „Sign Of The Hammer“, „Fighting the World“, „Battle Hymn“ und „Hail and Kill“ ließen das Amphitheater erschaudern. Bis zum jetzigen Zeitpunkt legten ROSS THE BOSS wahrlich den stärksten Auftritt des Tages hin.  

Nach einen starken Auftritt der Progressive-Metaler von FATES WARNING gab es mit DIRKSCHNEIDER und seiner Farewell-To-ACCEPT-Setlist ein weiteres hochkarätiges Schmankerl.

In den letzten Jahren stellte sich für ACCEPT so eine Art zweiter Frühling ein. Mehr sogar noch. ACCEPT sind in den letzten Jahren erfolgreicher als jemals zuvor. Trotz der guten Leistung des neuen ACCEPT-Sängers bleibt für viele Udo Dirkschneider der ACCEPT-Sänger schlechthin. Anzeichen auf eine Re-Union sind soweit in die Wüste geblasen, dass es nicht Mal zu einer Fata Morgana reicht. Und so ist es großartig den Altmeister nochmal seine alten Perlen trällern zu hören. Und das Udo es immer noch mehr drauf hat als vieler seiner Jungen Heavy-Metal-Newcomer-Kollegen, hat Herr Dirkschneider schon unzählige Male bewiesen. So geht es auch am heutigen Tag kraftvoll und fesselnd durch ein Best-Of-ACCEPT-Set. „Living for Tonight“, „London Leatherboys“, „Midnight Mover“, „Princess oft he Dawn“, „Restless And Wild“, „Metal Heart“, „Fast As A Shark“ und selbstverständlich „Balls to the Wall“ reißen mehr als mit. Für den Rezensenten der gelungenste Auftritt des dritten Tages.

Die letzte Band des gesamten Festivals braucht man auch keinen mehr vorzustellen. Mehr oder weniger waren OPETH für viele das Festival-Highlight schlechthin und gerade für sehr viele Tagesticket-Besucher der Grund sich für den Sonntag zu entscheiden. Kurz und knapp überzeugen OPETH auf voller Bandbreite. Gerade das ältere Material riss die Metalheads besonders stark mit. Viele wünschten sich „Blackwater Park“, das es leider nicht in die Setlist schaffte, doch mindestens genauso gut konnten Nummern wie „Sorceress“, „Ghost of Perdition“, „Heir Apparent“ und „Deliverance“ überzeugen, von dem NAPALM DEATH-Cover „You Suffer“ erst gar nicht zureden.

Mit den Schweden fand das Festival einen würdigen Abschluss und einmal mehr konnte das Rock Hard Festival Gelsenkirchen zum Beben bringen.


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