17.08.-19.08., Spital am Semmering, Spital am Semmering

KALTENBACH OPEN AIR 2023 - TAG 2

Text: Julian Dürnberger, Gregor Eder | Fotos: Alexandra Hainböck
Veröffentlicht am 31.08.2023

» Hier gehts zur Galerie...

Mit einem lauten Pochen begann mein zweiter Tag des KALTENBACH OPEN AIRS! Da mein Schlafplatz direkt in der Nähe der Bühne war, wurde ich vom Soundcheck der Bass-Drum aus dem Schlaf gerissen. Die Trommel war jedoch nicht das einzig Pochende, denn anscheinend hatte mich die nächtliche Bergluft in Kombination mit Berliner Luft ganz schön mitgenommen. Nichtsdestotrotz hievte ich mich aus meinem Auto und machte mich auf den Weg zur Bühne.

Die motivierte Crew hatte die Bühne schon feinstens vorbereitet und so konnte ich mein Kopfweh noch etwas auskurieren, sodass ich wieder für eine Ladung heftigen Metal aufnahmebereit war.

DOOMED TO FAIL:

Auch am zweiten Tag durfte man sich über lokale Opener freuen. Die 2015 in Graz gegründete Band DOOMED TO FAIL hatte die ehrenwerte Aufgabe die Festivalbesucher aufzuwecken und gen Bühne zu locken. Die aggressiven Texte der Melodic Death Metal Band empfand ich als genereller Morgenmuffel sehr passend und motivierend. Damit dürfte ich nicht allein gewesen sein, denn so langsam näherten sich die mittlerweile erwachten Metalfans dem Bühnenbereich. Die melodische Seite des dargebotenen Sets hatte eine recht entspannende Wirkung, trotz der deftig rhythmischen Passagen und so kann man die Eröffnung des zweiten Tages als gemütlich beschreiben.

Die Band bemühte sich auch in direkten Kontakt mit den Anwesenden zu treten und sorgte so für echt gute Stimmung. DOOMED TO FAIL lieferten auf jeden Fall gekonnt ab und die Show wurde dementsprechend vom Publikum honoriert.

VEINS OF SUFFERING:

Die aus Leoben stammende Band VEINS OF SUFFERING hat sich in den letzten Jahren einen wirklich guten Ruf erarbeitet und zählt mittlerweile zu den bekannteren österreichischen Bands im Genre Melodic Death Metal. Somit war es nicht verwunderlich, dass die Band beim Betreten der Bühne einer doch schon größeren Menschenansammlung gegenüberstand. Zuerst wirkte die Truppe etwas verhalten, doch schon nach der zweiten Nummer wurde gewaltig zerlegt. Die Saitensektion ließ mächtige Riffs aus den Verstärkern röhren, während Drummer Sascha Zeisler die Bass-Drum malträtierte und Sänger Thomas Kaluza mit seinen deftigen Growls überzeugte.

Mit ihren an klassischen schwedischen Death Metal angelehnten Songs zog die Band immer mehr und mehr Leute an, welche auch motiviert die Mähnen schwangen. VEINS OF SUFFERING sind eine eingeschworene Truppe deren interne Harmonie sich auch live durch das gekonnte Zusammenspiel zeigt.

Das Set der Band wurde mit hörbar positivem Feedback des Publikums beendet, doch mit dem Genre hatten wir noch nicht ganz abgeschlossen. Dank der unglaublichen Professionalität der Bands konnte der Umbau binnen kürzester Zeit erledigt werden und so konnte fast nahtlos weitergemartert werden.

CROWORD:

Schon beim Betreten der Bühne sah man den Herren von CROWORD eine gewaltige Motivation an. Die ursprünglich aus der Steiermark stammende Band freute sich sichtlich darüber den Metalberg beschallen zu dürfen und auch das Publikum begrüßte die Musiker mit Applaus. So startete die letzte Runde Melodic Death Metal des Tages und der Sound war massiv. Die Rhythmisierungen regten nur so zum Headbangen an und die Performance der einzelnen Musiker hätte nicht energiegeladener sein können.

Die Gitarristen schwangen ihre "Äxte", während Sänger und Bassist Lukas Rappitsch das Publikum mit deftigen Vocals und mächtigen Basswellen verwöhnte. Zwischen den Songs heizte er die Anwesenden gekonnt an und hielt sogar eine kurze Ansprache über seine Freude auf dem Festival zerlegen zu dürfen. Diese warmherzige Geste kam vor der Bühne sehr gut an und so feierte man das Set der Band bis zum letzten Ton.

Ich durfte mir schon einmal die Bühne mit CROWORD teilen und bin immer wieder vom Sound und der Professionalität der Band beeindruckt. Die Kompositionen sind schön abwechslungsreich und ich bin schon gespannt, was von der Truppe in nächster Zeit so noch kommen mag!

VARULV:

Kaum war der Umbau erledigt fand sich das steirische Black Metal Urgestein VARULV auf der Bühne ein. Von erster Sekunde an beeindruckte die Band mit ihrer Corpsepaint und volkstümlicher Aufmachung. Volkstümlich war die Musik jedoch nicht, denn die massiven Riffs und bösen Blast-Beats machten schon gewaltig Druck.

Als ich noch am Bühnenaufgang stand, schoss mir ein interessanter Geruch in die Nase, welchen ich vorerst nicht identifizieren konnte. Bei genauerer Betrachtung der Bühne viel mir dann ein längerer brennender Stab auf, welchen meine Freundin liebevoll als Lavendel-Joint bezeichnete. Wie dieses gewaltige Räucherstäbchen genau aussah, könnt ihr euch in der Galerie ansehen, jedenfalls verströmte jenes einen Weihrauch ähnlichen Duft, währenddem biestiger Black Metal aus den Boxen schallte.

Langsam zogen Wolken vor die Sonne und es wirkte, als würden VARULV gerade ein Gewitter beschwören. Es kam eine schön düstere Stimmung auf, was bei den mystischen Themen der Band kein Wunder war. Von nordischer Mythologie bis zur Brutalität des Todes wurde so einiges besungen, bis der Himmel endgültig grau schwarz war und die Band ihr Set beendete.

KANONENFIEBER:

Nachdem VARULV mit ihrem Bühnenoutfit schon begeistert hatten, wurde es nun noch einmal etwas steiler. KANONENFIEBER rückten mit einem gewaltigen Stage-Equipment an und sobald VARULV die Bühne freigegeben hatten, begann der Bau des Schützengrabens inklusive Flammenwerfer, Schaummaschine und Weihnachtsbäumen.

Währenddem ich die Sandsäcke auslegte und den "Stacheldraht" mit einem Kollegen ausrollte stand Julian vor der Bühne und erlebte folgendes:

"KANONENFIEBER kenne ich von Freunden, aber habe sie noch nie live gesehen. Die Bayern liefern eine einzigartige Bühnenshow. Die Band hat sich zur Aufgabe gemacht, die Grausamkeiten des ersten Weltkriegs visuell, musikalisch und textlich darzustellen. Von der Aufmachung her, erinnern sie an die ukrainische Band 1914, aber musikalisch spielen sie genretechnisch einen melodischeren Death Metal.

Da stand die vierköpfige Truppe, mit völlig vermummten Gesichtern in Schwarz und trugen preußische Soldatenuniformen. Der Frontmann Noise stand mit seinem preußischen Spitzhelm in der Mitte der Bühne und verlieh mit starren Handbewegungen seiner Performance die nötige Härte. Vom Debütalbum „Menschenmühle“ (2021) spielten KANONENFIEBER „Die Feuertaufe“, „Dicke Bertha“ und „Grabenlieder“ und begeistern die Menschenmassen für sich.

Doch dann fing es an wie aus Kübeln zu regnen. Das Publikum zerstreute sich und suchten Schutz unter den Bierständen am Festivalgelände, manche Hartnäckigen blieben vor der Bühne. Doch alle hielten stand und lauschten KANONENFIEBER bis zum bitteren Ende. Für den eisernen Willen des Publikums belohnte uns die Band mit einer Live-Performance von „Der Füsilier“ (EP, 2022)."

Der Regen gab dem Auftritt noch einmal einen eigenen Touch und die Tontechniker und ich freuten uns, dass durch die Sandsäcke der Band die Steckdosen gut geschützt waren. Kurz nachdem die Band das Schlachtfeld räumte, machte ich mich daran, den noch auf der Bühne verbleibenden Schaum wegzuwischen, bis mir ein paar blutverschmierte Gesichter entgegen kamen.

MISÞYRMING:

Die isländische Band MISTHYRMING hatte sich mit einer beeindruckenden Corpsepaint verschönert und stand schon in den Startlöchern. Nach einem kurzen Line-Check ging es dann, trotz Regen, direkt los und die durchnässten Leute vor der Bühne feierten hartnäckig den düsteren Black Metal der aus den Boxen hallte. MISTHYRMING war eine der Bands auf dem Line-Up, welche ich noch nicht auf dem Radar hatte und daher war ich sehr gespannt, was mich hier erwarten würde.

Verwunderlicher Weise trat die Band nicht als Quartett, sondern als Trio auf, doch das minderte nicht die Härte der dargebotenen Musik. Der Sound war schön satt und die brachialen Vocals hatten es gewaltig in sich. Der Regen hielt zwar an, doch die feierwütige Meute vor der Bühne ließ sich nicht mehr aufhalten. Der Name der Band bedeutet übersetzt "Misshandlung", doch von einer Misshandlung kann man bei massiven 50 Minuten Set definitiv nicht sprechen.

Mit etwas verwaschenen Corpspaints verließen die Musiker die Bühne unter schallendem Beifall.

WARBRINGER:

Nachdem der mittlerweile abklingende Regen unsere Kamera etwas in Mitleidenschaft gezogen hatte, musste ich mich kurz um jene kümmern, doch Julian hatte das Geschehen gut im Auge:

"Die Amerikaner WARBRINGER habe ich schon lange auf dem Schirm gehabt und jetzt spielten sie live am Kaltenbach Open Air. Ihr Bühnenauftritt war ein Muss für jeden Thrash-begeisterten Metalhead. Ihre Setlist war ein guter Mix aus dem zuletzt erschienen Album „Weapons Of Tomorrow“ (2020) und sogar das Lied „Living In A Whirlwind“ aus einem ihrer ersten Alben, nämlich „Waking Into Nightmares“ (2009). John Kevill strahlte die nötige Power aus, um das Publikum anzuheizen. Seine Fryscreams und scharfzüngigen Shouts gingen durch Mark und Bein und darauf kannten die Leute nur eine natürliche Reaktion: Moshpits. Und zwar viele."

Als ich wieder vor die Bühne kam, war das Kerngelände wieder vollends gefüllt und auch der Regen hatte sich verzogen. WARBRINGER lieferten ein absolut starkes Set ab und durch mächtiges Headbangen waren auch die Haare der Fans bald wieder trocken.

ARCHSPIRE:

Die nächste Band galt von Anbeginn des Festivals als absolutes Highlight, wie Julians Erfahrung eindeutig belegt:

"Wenn man am Kaltenbach über ARCHSPIRE redete, dann hörte man jedes Mal: „Die sind der Wahnsinn!“. Die Rede ist von einer kanadischen Technical Death Metal Band, die ihre Instrumente perfekt beherrschen.
Mit „Abandon The Linear“ vom „Bleed The Future“-Album (2021) leiteten sie ihren Auftritt ein und da bekam man schon einen guten Eindruck, was die alles können. Seien es die pausenlosen Zungenbrecher-Growls vom Sänger Oliver, die maschinengewehrartigen Basstrommeln oder die unmenschlich komplexen Gitarrenriffs und Bassläufe; das alles wurde im Höllentempo gespielt. Als ich ARCHSPIRE auf der Bühne spielen hörte, kam mir nur ein Gedanke: Sie sind nicht von dieser Welt."

Ich hatte meine Bewunderung der Band direkt mitteilen dürfen und genoss das Gemetzel seitlich versteckt auf der Bühne. Für mich war das Set der Band, inklusive typischem Twister-Spiel, einfach genial und ich war noch immer ganz überwältigt, als ich begann NARGAROTH`s Verstärker zu verkabeln.

NARGAROTH:

Nach einem kurzen Soundcheck brach dann auch schon das Black-Metal-Gewitter über die Crowd herein. Das echte Gewitter hatte sich schon längst verzogen, doch die düstere feuchte Atmosphäre mitten zwischen den Bäumen spielte der Band gut in die Hände und die Mischung aus rotem und blauem Licht unterstützte die beängstigende Wirkung der Corpsepaints.

Man kann von der Band halten was man will, doch schlussendlich hat jene ein verdammt sauberes Set vorgelegt, welches dem klassischen Black Metal alle Ehre macht. Die Vocals waren böse, die Gitarren fuhren einem mit brachialer Gewalt in durchs Trommelfell und die Rhythmussektion massierte einem schön den Magen durch.

Wie auch bei ELLENDE sah man einige Fans in solidarischem Corpsepaint und die Moshpits ließen auch nicht lange auf sich warten. Jedenfalls wärmten die deftigen Blast-Beats das Publikum gut für die noch anstehende Zerlegung auf.

ROTTING CHRIST:

Nachdem die düsteren NARGAROTH schon mächtig Stimmung gemacht hatten, sollten die unvergleichlichen ROTTING CHRIST noch einmal eine Schippe drauflegen. Unter schallendem Applaus betraten die Griechen die Bühne und marterten aufs Feinste dahin. Die Szenerie hätte einmal wieder nicht besser sein können und die Pyrotechnik verlieh dem Auftritt noch einmal etwas mehr an Wirkkraft.

Die Band liefert seit 1987 eine interessante Mischung aus Black Metal und Gothic Metal, welche bis heute beim Publikum gut ankommt. Die durchwegs satanistischen Texte kamen in der düsteren Atmosphäre bestens zur Geltung und man sah auch einige Personen lauthals mitsingen. Ich habe ROTTING CHRIST schon des Öfteren gesehen, doch die Performance am Metalberg war bisher die stärkste. Möglicherweise lag dies daran, dass die Location einfach perfekt zur Musik der Band passte.

Schauen wir einmal, wie Julian das Gemetzel wahrgenommen hat:

"Nicht lange und es ist bald Mitternacht, eine gute Zeit, um ROTTING CHRIST zu sehen. Man steht im Dunkeln auf einem Berg und der Sänger Sakis Tolis schreit die biblisch-satanischen Verse von „666“ auf Griechisch – worauf man das Gefühl bekommt, dass pure Böse zu spüren. Die Griechen geben ein THOU ART LORD-Cover namens „Societas Satanas“ zum Besten und die Menschenmenge ist begeistert."

Die Begeisterung war deutlich hörbar als die Band die Bühne verließ. Ich bedankte mich noch kurz bei den Bandmitgliedern für das geniale Konzert, bevor ich mit der letzten Band des Abends den Umbau in Angriff nahm.

VINSTA:

Der Himmel hatte sich schon vor einigen Stunden verdunkelt, doch nun sollte es etwas "vinstarer" werden. Die 2014 in Salzburg gegründete Band VINSTA konzentrierte sich am ersten Album noch stark auf das Folk Genre, öffnete sich dann aber schnell dem deftigeren Metal.

Die Geisterstunde war schon längst angebrochen und der mystische Klang der Band hypnotisierte das Publikum. Die Band lieferte ein sehr dynamisches Set, welches speziell durch die Mischung von ruhig melodiösen Parts und heftigen Metal-Passagen überzeugte. VINSTA zog die Anwesenden in ihren Bann und schloss so den Abend gekonnt ab.

Nachdem die Band sich vom Publikum verabschiedet hatte, dünnte sich die Menschenmenge vor der Bühne langsam aus und auch ich begab mich gen Schlafplatz, um für die letzte Runde wieder top fit zu sein.

Das war auch rückblickend eine gute Entscheidung, denn Tag 3 sollte es noch ein letztes Mal gewaltig in sich haben!


ANZEIGE
ANZEIGE