HOLTER - Vlad The Impaler

Artikel-Bild
VÖ: 09.11.2018
Bandinfo: HOLTER
Genre: Melodic Metal
Label: Frontiers Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Ich habe den Moment aus 2015 noch sehr gut in Erinnerung, als ich mich zum ersten Mal durch "Dracula: Swing Of Death" von JORN LANDE und TROND HOLTER hörte. Es war eine knappe Stunde, die mich von der ersten bis zur letzten Minute ins Staunen versetzte, weil das Album einfach exzellent war, sowohl den Aufbau und das Songwriting betreffend, als auch die Musiker und natürlich Sänger Jorn, der dem ganzen die Seele einhauchte und "Swing Of Death" einfach unvergesslich machte. Ich konnte gar nicht anders, als diesem Metal-Musical, das sich um Dracula dreht, die Höchstpunktezahl zu geben.

Nun liefert Trond Holter Nachschub. Bei ihm hat sich, so wie es aussieht, massenhaft Dracula- und Vampir-Material angesammelt, sodass er ein weiteres Album zum Thema Graf Dracula auf den Markt bringt. Leider gleich vorab: Jorn Lande ist nicht mit von der Partie und ohne Jorn als Sänger fehlt einfach das gewisse Etwas. Nils K Rue ist für sich selbst gesehen als Sänger wirklich gut, aber er muss leider mit einer extrem hoch gelegten Messlatte kämpfen. Und auch die Energie und Genialität, die hinter dem ersten Werk stand, ist beim neuen Album nicht mehr eins zu eins vorhanden. "Vlad The Impaler" ist jetzt kein übles Album, das total abfällt, nein, überhaupt nicht. Aber es hat eben damit zu kämpfen, mit "Swing Of Death" verglichen zu werden, und keine Alleinstellung. In so einem Fall sind 90% zwar sehr hoch im Vergleich zu anderen Bands, aber eben doch keine 100%.

Spieltechnisch und vom Gesang her ist alles auf dem neuen Album zu finden, was man bei Melodic Metal – gelegentlich sogar Richtung Power Metal schielend – benötigt: sehr gute Gitarrenarbeit und Soli, harmonische Keyboards, treibender, knackiger Beat von Bass und Schlagzeug und natürlich astreine Vocals – mal von den beiden Sängern alleine und dann wieder im Duett. Für sich alleine gesehen haben wir ein sehr gut gemachtes, mitreißendes, melodisches Album vor uns, das typisch für das Label ist. Musikalisch werfen sich alle ins Zeug und überzeugen auf breiter Front. Es wird auf jeden Fall die gleiche Richtung wie bei "Swing Of Death" eingeschlagen. Kein Wunder, sind doch Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger die gleichen Leute. Insgesamt ist jedoch ein Rücksetzer zu erkennen: es fehlt am Feuer, an der Basisidee, der rote Faden zieht sich für mich nicht so gut sichtbar durch wie zuletzt. Es ist irgendwie ein Abklatsch des ersten Albums und hat – wie oben bereits angesprochen – vor allem mit der Sängererwartung zu kämpfen. Aber hören wir doch rein:

Zu den Songs, die nach würdigen Nachfolgern klingen, gehören der Opener “Worlds On Fire”, mein Favorit „I’ll Die For You“, wo Nils sehr stark nach Jorn klingt, und Evas Vocals wunderbar mit der Kraft von Nils harmonieren. Vor allem zweiterer ist einer dieser starken Songs, die einen vom Hocker reißen, egal ob bei den Vocals und Refrains, der Melodie, den lässigen Tastenklängen oder der Wucht, mit der Schlagzeug und Bass kommen.

Sehr schön melodisch und anspornend ist „Awakened“. Ein energiegeladener Song mit eingängigen Riffs, marschierendem Schlagzeug und guten Backingvocal-Passagen sowie einem ausgezeichnetem Gitarrensolo. Der Song „Drums Of Doom“ ist entsprechend düster. Trotz der Drums im Titel darf man sich aber keinen Höhepunkt beim Schlagzeug erwarten, sondern bekommt nur einen kleinen Trommelwirbel und erneut hauptsächlich Höhepunkte von der Gitarre, d.h. Soli und Riffs. Klar, wir haben ja ein Trond Holter-Album vor uns, da ist der Fokus auf der Gitarre. Die Vocals sind mir bei diesem Song ein wenig zu hoch, dafür finde ich den Sprechgesang im Chor beim Refrain recht interessant.

Eva hört man zum ersten Mal bei „The Last Generation“. Das ist netter, melodischer female fronted-Power Metal. Hier hat sie noch nicht viele Textzeilen zu singen, denn der Song legt einen Schwerpunkt auf den Refrain und natürlich aufs Gitarrensolo. Soft und schön, sodass ihre klare Stimme gut zur Geltung kommt, singt sie bei „Shadows Of Love“, einer ergreifenden Ballade, die mit orchestralen Klängen, feinem Keyboard und akustischer Gitarre überzeugt und sich schön Stück für Stück mit dem Einsatz der anderen Bandmitglieder zu einem musikalischen Höhepunkt hinarbeitet. Von der gesamten Bearbeitung her sicher einer der besten Songs auf dem Album.

„Without You“ zieht sich und ist ein wenig fragwürdig, aber zum Glück nur gut zwei Minuten lang und schnell vorbei. Eva ist danach mit „Under My Skin“ wieder besser. Die Nummer ist aggressiv und sie singt entsprechend intensiv und auch die Gitarren sind richtig gehetzt. Ein wenig aus der Richtung schlägt „Vlad The Impaler“. Zuerst ist über eine Minute lang ein orchestraler Part mit Streichern. Dann setzt die Band ein bzw. wechselt das Orchester ab und ergibt sich in einem minutenlangen Rock-Rhythmus ohne Gesang. Es wird zum Schluss trotz Gitarrensolo ein wenig fad und erinnert mich im Aufbau stark an Filmmusik.

Zum Schluss gibt es als Überraschung noch „Save Me Part II“, von dem wir die Ursprungsversion bereits vom Vorgängeralbum kennen. Trond covert sich sozusagen selbst bzw. liefert mit den beiden neuen Sängern eine härtere, knackigere Bearbeitung dieses Songs. Und da muss ich leider sagen, dass mir die andere Version besser gefallen hat. Natürlich ist mir klar, dass er nicht das gleiche machen wollte und sozusagen eine Klammer suchte zum anderen Album. Aber leider kommt diese Version bei mir nicht gut an, sie ist zu „metal“. Auch wenn die Chorbegleitung einen Gegenpunkt zu den knackigen Riffs liefert, mangelt es in meinen Augen an Harmonie. Das jammernde, dahinschmachtende Gitarrensolo gegen Ende ist einerseits interessant, andererseits langwierig. Es schraubt sich zwar irgendwann zu einem Höhepunkt hin, aber da ist man schon ausgeklinkt. Das Ende des Albums ist damit leider nicht so gut gelungen.

Fazit: wie gesagt, nicht schlecht, wenn es das erste Album dieser Art wäre. Der Vorgänger aus 2015 gefiel mir um einiges besser.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lady Cat (11.11.2018)

WERBUNG: Hard
ANZEIGE
ANZEIGE